Inhaltsverzeichnis
- GameStop-Aktie machte den Begriff bekannt
- Das Risiko beim Leerverkauf
- Der eigentliche Short Squeeze
- Short Squeeze vorbei? Und wie finde ich den nächsten?
- Wie geht es weiter?
Das erste Halbjahr 2021 prägte einen Begriff, den bis dato wohl nur echte Experten kannten:
Short Squeeze
In diesem Artikel erklären wir euch, was man genau unter einem Shortsqueeze versteht, was GameStop, AMC und vermeintlich naive Internet-Kiddies damit zu tun haben.
Auch zeigen wir auf, wie man neue Short Squeeze Aktien finden kann.
Wer also auf der Suche nach dem nächsten Short Squeeze ist, der wird an diesem Artikel seine Freude haben.
GameStop-Aktie machte den Begriff bekannt
Populär wurde dieser Ausdruck, als plötzlich die Aktie von GameStop (gerne auch als Meme-Aktie bezeichnet) mit einem Schlag durch die Decke ging und am 28. Januar ihren Höchststand von 483,00 US-Dollar erreichte.
Damals dachte jeder, es wäre eine einmalige Aktion, denn gut einen Monat später war der Kurs schon wieder bei 38,50 US-Dollar. Die Medien hatten ihre Story von den „komischen“ Internet-Kiddies, die sich im reddit-Forum absprachen, und es sah so aus, als wäre das Thema vom Tisch.
Doch weit gefehlt, es folgte ein erneuter Anstieg, der am 10. März in einem Höchststand von 348,50 US-Dollar gipfelte. Im Laufe der folgenden zwei Wochen ging es zwar wieder runter auf 116,90 US-Dollar, aber diesmal war es kein so extremer Absturz wie noch beim ersten Anstieg. Die Leute merkten, irgendwas ist diesmal anders. Nun machte der Begriff Short Squeeze das erste Mal die Runde und natürlich waren viele Anleger total überrascht, dass eine scheinbar einmalige Sache plötzlich ein zweites Mal eine solche Kursentwicklung hinlegte.
Mehr noch, es gab bald darauf einen dritten Anstieg. Am 8. Juni erreichte die GameStop-Aktie 344,66 US-Dollar, fast die Höhe des zweiten Peaks.
Spätestens jetzt war jedem klar, hier sprechen sich nicht nur ein paar Internet Kiddies via reddit ab, da steckt mehr dahinter!
Warum die GameStop-Aktie gewählt wurde
Wie kam es aber überhaupt zu dieser Aktion? Diverse Hedgefonds haben sich die Aktie von GameStop als das perfekte Instrument für massive Gewinne ausgesucht. Guckt man sich das unternehmerische Konzept von GameStop an, so ist dieser Schritt nur logisch. Es handelt sich hierbei um eine Handelskette, deren Geschäftsmodell auf physischen Computer- und Videospielen basiert. Also klassisch eine Spielebox, die zusammen mit Datenträger verkauft wird. Außerdem kauft GameStop gebrauchte Spiele ein und verkauft diese wieder.
Eine Geschäftsidee, welche vor fünf Jahren halbwegs profitabel war.
Allerdings brach der Markt um gebrauchte Spiele ein, da viele Hersteller eine Anbindung an einen Account verlangten und somit Datenträger quasi wertlos werden nach der Verknüpfung an einen Account.
Zudem entwickelt sich der Markt der Spiele immer weiter in Richtung digitale Downloads. Plattformen wie Steam oder aber die Stores der großen Konsolenhersteller bieten alle ihre Titel inzwischen direkt als digitale Version an. Der Bedarf an Spieleboxen ging zurück und maximal begeisterte Sammler wollten eine solche Box noch zu Hause haben. Wer z.B. von Zeit zu Zeit durch einen Mediamarkt schlendert, dem ist diese schleichende Entwicklung auch bewusst geworden.
Früher waren die Abteilungen für Computer- und Videospiele riesig, nicht selten sogar der größte Bereich im ganzen Markt. Inzwischen sind sie bis auf ein paar Regale eingedampft. Immer schneller werdende Internetleitungen und natürlich die Corona-Pandemie befeuerten diese Entwicklung zusätzlich.
Von daher muss man kein Genie sein, um zu erkennen, dass dieses Geschäftsmodell seinem Ende entgegengeht. Und da man am Finanzmarkt eben auch mit fallenden Kursen gutes Geld verdienen kann, war es scheinbar eine sichere Bank, auf den sterbenden Riesen GameStop zu wetten. Sein Untergang war so sicher wie das Amen in der Kirche. So dachte man.
Also haben div. Hedgefonds die Aktien leerverkauft (geshortet), um kurz vorm eigentlichen Ende des Unternehmens einen gewaltigen Gewinn einzustreichen. Ein Anstieg der Kurse war ja quasi ausgeschlossen.
Mit GameStop hat man aber eben nicht nur ein einfaches Unternehmen ins Visier genommen, sondern auch eine Firma ausgewählt, die im Herzen vieler Nerds einen hohen Stellenwert hat. Manch einer mag es auch als eine Art Hassliebe bezeichnen, denn das Internet ist voll von Memes, in denen sich darüber lustig gemacht wird, wie wenig man als Spieler für gebrauchte Spiele bekommt. Und nicht gerade wenige Zocker haben ihre alten Spiele kistenweise zu GameStop geschleppt. Immerhin musste man ja die neuen Blockbuster finanzieren und bei vielen jugendlichen Spielern war der Geldbeutel selten prall gefüllt.
Und genau dieses Unternehmen nahmen die Hedgefonds ins Visier. Sie hatten wahrlich keine Ahnung, was für einen Sturm sie dadurch heraufbeschwören sollten. Denn jetzt nahmen die vermeintlich naiven Nerds die großen Player ins Visier und schlugen sie teilweise mit ihren eigenen Waffen. Nur das „Geheimabsprachen“ hier nicht in irgendwelchen Elfenbeintürmen der Hochfinanz stattfanden sondern offen und in erster Linie im Reddit-Forum von wallstreetbets.
Auch in Deutschland wurden die Meme-Aktien eifrig gehandelt. Während in den USA meist Robinhood dafür genutzt wurde, setzte das meist junge Traderpublikum in Deutschland auf Trade Republic.
Das Risiko beim Leerverkauf
Generell ist das Risiko bei einem Leerverkauf immer höher als bei einem normalen Kauf eines Wertpapiers. Eine Aktie kann maximal auf Null fallen und der Käufer ist sein Geld los. Ärgerlich genug, aber mehr kann eben nicht passieren.
Bei einer leerverkauften Aktie sieht es aber ganz anders aus. Hier kann der Verlust theoretisch bis ins Unendliche steigen, denn nach oben ist einer Aktie ja keine Grenze gesetzt.
Positionen müssen glattgestellt werden
Die Hedgefonds haben im großen Stil die Aktie von GameStop geshortet, also geliehen, um sie später, zu einem vorher definierten Zeitpunkt, dem Besitzer wieder zurückzugeben. Da sie von einem fallenden Kurs ausgehen, hoffen sie natürlich darauf, dass der Kurs deutlich niedriger ist als beim Kauf. Die Differenz ist dann ihr Gewinn.
Um dies deutlicher zu machen, nehmen wir mal ein Beispiel.
- Person A shortet (leiht) 10 Aktien zu 10,00 Euro für 30 Tage von Person B.
- Person A verkauft jetzt diese 10 Aktien sofort und erhält 100,00 Euro.
- Person A schuldet aber Person B immer noch die 10 Aktien.
Nach einem Monat steht der Kurs der Aktie bei 5,00 Euro.
- Person A kauf am Markt 10 Aktien zu 5,00 Euro und zahlt für diese 50,00 Euro.
- Person A gibt Person B die 10 Aktien zurück.
- Person A hat 50,00 Euro bei dieser Transaktion verdient.
Dies ist jetzt nur ein vereinfachtes Modell. Selbstverständlich fließen hier noch Gebühren mit ein, aber das haben wir hier einmal unter den Tisch fallen lassen, um das Grundprinzip zu erklären.
Der eigentliche Short Squeeze
Was aber, wenn es am Markt plötzlich zu einer Knappheit von ausgerechnet diesem Wertpapier kommt? Dann wird es für den Leerverkäufer problematisch, denn dieser muss ja die geliehene Anzahl an Aktien zurückerstatten.
Wie wir alle wissen ist der Markt nichts anderes als Angebot und Nachfrage. Und steigt plötzlich die Nachfrage nach einem Wertpapier, so steigt eben auch dessen Preis.
Und genau hier haben die Reddit-User angesetzt. In koordinierten Aktionen haben sie sich im Unterforum r/wallstreetbets abgesprochen, die Schieflage der Hedgefonds erkannt und im großen Stil GameStop-Aktien gekauft.
Die Hedgefonds hatten jetzt ein Problem. Sie mussten die Aktien zu bestimmten Terminen zurückgeben und durch die steigenden Preise wurde aus dem vermeintlich sicheren Geschäft ein massiver Verlust.
Ein extrem hoher Verlust sogar, da immer mehr Aktien am Markt gekauft wurden und sich die Story via Social Media wie ein Lauffeuer verbreitete. Die Hedgefonds hatten jetzt ein Problem. Sollen sie abwarten und hoffen, dass der Spuk vorbeigeht, oder kaufen sie mit Verlust jetzt Aktien zurück? Je länger sie warteten, desto größer wurde der Druck und sie wurden, daher die Bezeichnung „Squeeze“, regelrecht „ausgequetscht“.
Aber das war nicht das einzige Problem, vor dem sie standen!
Mehr als 100% der Aktie leerverkauft – Nackte Leerverkäufe
Als Normalsterblicher würde man ja davon ausgehen, dass es ein gesundes Verhältnis am Markt geben würde. Ein Aktie also maximal zu 100% leerverkauft werden kann, da es ja eben auch nur 100% an Aktien gibt.
Genau dieser Effekt ist aber bei GameStop eingetreten. Es wurden mehr als 100% der Aktien geshortet und dies hat die vermeintlich naiven Internet-Kiddies zu einem schlauen Move bewegt.
Von Diamond Hands und Paper Hands
Neben dem Begriff Short Squeeze machten auch die Begriffe „Diamond Hands“ und „Paper Hands“ die Runde. Unsere oftmals milde belächelten Meme-Trader haben nämlich als Kampfbegriff die „Diamond Hands“ in Umlauf gebracht.
Ihnen war bewusst, dass die Hedgefonds mehr als 100% geshortet hatten. Also musste man es schaffen diese in eine möglichst unangenehme Lage zu bringen. Wenn alle anderen Käufer von GameStop-Aktien ihre Anteile unter gar keinen Umständen rausrücken und diese zusammen fast alle 100% halten, kommen die Hedgefonds in Schieflage.
Warum? Na, weil diese eben einfach am Markt nicht genügend GameStop-Aktien zurückkaufen können, um die geliehenen Aktien zurückzugeben. Und was passiert, wenn die Nachfrage höher als der Preis ist? Richtig, dieser schießt in die Höhe.
Und bei diesen Preisanstiegen werden trotzdem einige Trader schwach. Kein Wunder, ist es doch eine gute Möglichkeit, Geld zu verdienen und nicht jeder geht mit dem gleichen religiösen Eifer an die Sache, wie besagte Meme-Trader. Trotzdem gillt, wenn der Großteil der Aktieninhaber ihre Anteile nicht rausrücken, wird es für die Hedgefonds eng.
Und ein harter Kern blieb tatsächlich standhaft und rückte die Aktien nicht raus. Der Kurs blieb somit weiter hoch und große Hedgefonds mussten exakt die Preise bedienen, die der Markt aktuell verlangte.
Als Paper Hands werden die Anleger bezeichnet, die den Druck nicht standhalten und am Ende eben doch verkaufen. Ob nun mit Gewinn oder einem Verlust, spielt für die Betrachtung der Meme-Trader keine Rolle. Sie sind schlichtweg nicht standhaft geblieben und spielen somit den Hedgefonds in die Karten, weil diese zumindest kleine Teile doch noch erwerben können. Aber man darf nicht vergessen, nicht jeder Trader ist Teil dieses Spiels. Einige haben einfach nur diese Chance erkannt und entsprechend genutzt für schnelle Gewinne.
Der Gedankengang der Meme-Trader ist simpel. Wenn sie nur lange genug durchhalten, wären die Hedgefonds verpflichtet jeden erdenklichen Preis für die Aktie zu bezahlen. Es würde also zu einer regelrechten Explosion am Markt kommen, da eben nicht genug Aktien vorhanden sind. Aus diesem Grund schwirrten auch Summen von 100.000 US-Dollar pro GameStop-Aktie umher und befeuerten die Fantasie diverse Kleinanleger.
David gegen Goliath
Die Geschichte wurde medial extrem ausgeschlachtet, sogar weit über die Grenzen der Finanzwelt hinaus. Normale Nachrichtensendungen wie heute oder Tagesschau haben darüber berichtet und natürlich kam das beim „kleinen Mann“ richtig gut an.
Wenn große Hedgefonds vom vermeintlich kleinen Mann in die Knie gezwungen werden, dann ist das eine Geschichte, an der sich fast jeder erfreut.
Gerne wird dabei vergessen, dass David zwar gerne mal eine Schlacht gewinnt, den eigentlichen Krieg entscheidet in der Regel aber immer Goliath für sich. An dieser Stelle unterscheidet sich die Erzählung leider von der Realität.
Goliath ändert die Spielregeln
Wer meint, dass eine Handvoll Meme-Trader am Ende ein komplettes System in die Knie zwingen können, der ist naiv. So schön die Aussicht auf 100.000 US-Dollar pro GameStop-Aktie auch sein mag, es wird nicht dazu kommen.
So richtig die Einschätzung der Meme-Trader auch gewesen sein mag, Goliath hat einfach die Spielregeln geändert und manipuliert den Markt mit Hilfe von Synthetic Shares und Dark Pools (spannendes oben eingebundenes englischsprachiges Video).
Der normale Anleger kann das nicht erkennen, er sieht nur den Preis, der langsam aber sicher an Substanz verliert. Der Großteil der echten Aktieninhaber sitzt auf seinen Aktien und spielt das Spiel der „Diamond Hands“ und trotzdem schaffen es, die institutionellen Anleger mit diesen „Dirty Tricks“ Bewegung am Markt zu erzeugen, bei der langsam aber sicher die „Paper Hands“ mürbe werden und sich doch noch von ihren Aktien trennen.
Short Squeeze vorbei? Und wie finde ich den nächsten?
Per Definition ist der Short Squeeze vorbei.
Guckt man auf Finanzportale wie z.B. finviz.com, so kann man sehen, dass die aktuelle Shortquote bei GameStop nur noch bei gut 14% liegt (zum Zeitpunkt dieses Artikels). Bei Werten oberhalb von 20% ist die Wahrscheinlichkeit eines Short Squeeze hoch.
Wer also einen neuen Short Squeeze finden möchte, der sollte diese Kennziffer im Auge behalten und auch genau verfolgen, ob evtl. die Fraktion rund um Wallstreetbets vielleicht schon die nächste Sau durchs digitale Dorf treibt.
Um sich hier nicht permanent durch div. Threads kämpfen zu müssen, empfiehlt es sich, einen Blick auf die Seite Swaggy Stocks zu werfen. Dort wird aufgezeigt, über welche Aktien derzeit am häufigsten bei Wallstreetbets diskutiert wird.
Wer es gerne in deutscher Sprache möchte, der kann sich auch noch Mauerstrassenwetten bei Reddit anschauen.
Generell ist die Seite finviz.com ein echter Geheimtipp, da man dort nach div. Kennziffern filtern kann. Weit mehr als nur nach einer passenden Shortquote.
Für Chartanalysten ist diese Seite ein Traum!
Dabei immer bedenken, dass dies alleine keine Gewährleistung ist, dass es auch wirklich zu einem Short Squeeze kommt. Dafür sind zu viele Faktoren wichtig!
Wie geht es weiter?
GameStop war nicht der erste und wird ganz sicher nicht der letzte Short Squeeze sein.
In Deutschland erlebten wir so etwas ebenfalls schon einmal mit VW.
Im Schatten von GameStop wurde das Spielchen auch mit der amerikanischen Kinokette AMC getrieben. Deswegen findet man beide Namen auch sehr häufig in Kombination.
Ob wir ein erneutes Aufflammen der Thematik erleben werden, vermag ich an dieser Stelle nicht abzuschätzen. Viele legen inzwischen auch generell Hoffnung in GameStop, dass das Unternehmen diesen unverhofften Geldsegen zu einer radikalen Transformation nutzt, um evtl. doch noch im digitalen Segment in zukunft ein gehöriges Wort mitzusprechen.
Ob ihnen das gelingt, wird die Zeit zeigen.
Wenn ich aber eines gelernt habe, dann das der Markt und seine Entwicklungen immer für eine Überraschung gut sind.
Hat dir dieser Artikel gefallen, oder können wir etwas verbessern? Wir freuen uns auf deinen Kommentar unten, über deinen Besuch auf unserer Facebook-Seite und/oder in der Facebook-Gruppe. Gerne kannst du uns auch bei Instagram besuchen. Vielen Dank!
✓ = Werbelinks: bei den mit ✓ gekennzeichneten Links handelt es sich um Werbe- oder Affiliate-Links. Wenn Du über diesen Link etwas kaufst oder abschließt, erhalten wir eine Vergütung des Anbieters. Dir entstehen dadurch keine Nachteile oder Mehrkosten. Wir verwenden diese Einnahmen, um unser kostenfreies Angebot zu finanzieren. Vielen Dank für deine Unterstützung! ❤